Bei der ersten Anprobe des selbst genähten Kleidungsstücks überprüfst du die gesamte Passform. Wie das Kleidungsstück richtig sitzen muss und welche Ursachen es für falschen Sitz gibt.
Passform überprüfen – so geht’s
Worauf du achten musst
1) Die Länge
Eine normal lange Hose sollte je nach Beinweite auf Höhe des Absatzes, bei schmalerem Bein bis zu 1,5cm darüber enden.
Oberteile in gewöhnlichem Schnitt enden so, dass sie mindestens 1,5cm über dem Bund der Hose oder des Rocks liegen. Beim Heben der Arme oder Beugen des Rumpfs sollten Bauch und Rücken bedeckt bleiben.
Lange Ärmel sollten ca 1cm über der Handwurzel abschließen. Diese Mindestlänge gilt auch für Hemden, hier gelten aber in Kombination mit dem Sakko besondere Regeln.
Die Länge von Röcken und Kleidern hängt natürlich von der beabsichtigten Länge ab. Sie sollten aber nie auf Mitte der Knie enden (die Knie also entweder vollständig bedecken oder nicht). Beim Gehen sollten sie auch nicht den Boden berühren.
2) Richtiger Sitz
Schulternähte müssen auf der Schulter sitzen. Am Schulterknochen setzt der Ärmel an. Bei ärmellosen Tops kann der Ärmelausschnitt natürlich weiter innen liegen.
Alle Abnäher müssen an der richtigen Stelle sitzen. Das heißt: Brustabnäher verlaufen zum stärksten Punkt der Brust und enden 1-2cm davor. Sie dürfen keine Falten oder Beulen werfen.
Taillenabnäher liegen senkrecht auf Höhe der Taille.
Abgerundete Nähte sind auf korrekten Sitz zu überprüfen. Gerade bei Röcken und Kleidern ist auf geraden Fall der Säume zu achten.
Potaschen sollten mittig auf dem Po sitzen und nicht abstehen. Seitentaschen an Hosen und Röcken liegen flach und und stehen nicht auf. Derlei deutet auf Probleme in der Weite hin.
Auch der Fadenlauf ist nochmals zu überprüfen. Er sollte im 90Grad-Winkel senkrecht
verlaufen.
3) Die korrekte Weite des Kleidungsstücks
Insgesamt sollte die Kleidung locker und gleichmäßig am Körper (je nach gewünschter Körpernähe) liegen oder herunterfallen.
Das Kleidungsstück sollte nirgends spannen und die Bewegungsfreiheit einschränken.
Bei Oberteilen und Jacken sollte man zum Überprüfen die Arme nach vorn und oben strecken, bei Hosen sich mal hinsetzen.
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Nicht immer ist das gesamte Kleidungsstück nur in der Breite falsch geschnitten.
Es kann beispielsweise auch nur die Schulterpartie oder die hintere Mitte zu lang, kurz oder eng sein.
Bei einer zu locker sitzenden Schulter muss beispielsweise die Schulternaht nach unten versetzt werden.
Für Änderungen in der Weite wird der überschüssige Stoff in Falten gelegt und abgesteckt. Die Weite muss dann entsprechend verringert werden.
Wichtig: Bei Kleidung immer daran denken – es geht hier um dreidimensionale Gebilde! Gerade bei Hosen wirkt sich die Änderung an einer Stelle, gedacht in nur einer Dimension, zum Beispiel der Breite, auf die anderen beiden Dimensionen – Tiefe und Höhe, aus.
Jede ungewöhnlich sitzende Stelle ist genau auf deren Ursache zu untersuchen. Dazu hilft es, am Körper mit zwei Fingern in verschiedene Richtungen an der problematischen Stelle zu ziehen. So lässt sich besser nachverfolgen, wo das Problem herkommt.
Die Bedeutung einzelner Falten
Treten Falten an unerwarteten Stellen auf, deutet das immer auf eine falsche Passform hin. Aber auch auf ausreichend zurückgeschnittene Nahtzugaben an allen Rundungen und engen Stellen des Kleidungsstücks ist zu achten. Es ist nicht immer leicht die Ursache zu finden. Hier ein paar typische Beispiele:
Oberteil
Bei Querfalten auf der Armkugel ist der Nahtansatz am Ärmel etwas nach vorn zu schieben.
Leichte Wellen bis Falten auf der Armkugel deuten auf eine zu lange Armkugel hin. Diese ist also verkürzen.
Mehrere verteilte Fältchen zwischen der Armkugel bis zum Ellenbogen erfordern die Korrektur der Höhe der Armkugel-Ansatznaht.
Falten am Ärmelausschnitt bedeuten, dass die Schulternaht zu weit unten ist und nach oben versetzt werden muss. Im Anschluss daran muss das nun kleinere Armloch korrigiert werden.
Bilden sich Falten am Halsausschnitt, so sind die Schultern von der Schulterspitze
aus zu heben. Ein dadurch enger gewordener Halsausschnitt ist zu korrigieren.
Hose
Querfalten nahe und unterhalb des Schritts haben ihre Ursache oft in einer zu flachen Schrittnaht. Dann ist die Schrittnaht zu vertiefen. Hier ist genau zu untersuchen, auf welches Schnittteil sich die Falten beziehen.
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Querfalten zwischen Knie und Po deuten auf ein zu eng geschnittenes Gesäß und Oberschenkel hin.
Bei nach oben zeigenden Falten (sog. Katzenbart) direkt im Schritt sind regelmäßig nur die Oberschenkel zu eng.
Die Rundung darf nur geringe, auf die Rundung zurückgeschnittene Nahtzugaben haben. Sonst kann auch dies Wellen bis Falten im Schritt verursachen.
Grundsätzlich schaust du immer, woher der Zug der Falten kommt. Es gilt zudem der Grundsatz: Querfalten (waagerecht verlaufend)deuten auf ein zu enges, Längsfalten (senkrecht verlaufend) auf ein zu weites Kleidungsstück hin.
Bei Längsfalten sind die Oberschenkel, oft auch das Gesäß, zu weit.
Horizontale Querfalten unterhalb des Bunds beseitigst du, indem du die Weite unter dem Bund vergrößerst oder auf der Höhe, in der die Querfalten auftreten.
Bei Längsfalten unterhalb des Bundes oder zwischen Bund und Schritt die Weite verringern. Je nach Faltenbildung auf Hüft- oder Taillenhöhe oder beides.
Falten an der hinteren Taille können auf ein Hohlkreuz hinweisen. Dann ist die Schrittnaht des hinteren Hosenteils zu verkürzen.
Auch absichtlich gelegte Falten sind auf korrekten Fall zu überprüfen.